Montag, 15. Februar 2016

Blockiert...

Manchmal bin ich tagelang völlig blockiert und arbeite mich am Alltag ab. Kein Platz für schöne Dinge. Kein Platz für Gefühl. Kleinigkeiten erschöpfen. Die Nächte sind immer zu kurz. Die Tage sind nicht ausgefüllt. Sehne mich nach schönen Momenten und warte auf einen tollen Song. Möchte ihn dann mitsingen und tanzen... Sehnsucht! 



Montag, 1. Februar 2016

Auf dem Dach meiner Welt


Es ist Winter, aber der Schnee lässt mal wieder auf sich warten.
Ich wache früh am Morgen auf und horche aus dem Fenster meiner Dachwohnung.
Es plätschert und gluckert ganz sanft auf die Dachpfannen und in der Regenrinne. Regen.
Ein sehr vertrautes Geräusch, das mich bald wieder einschlummern lässt. 

Ganz anders ist es, wenn der Schnee sich auf die Dächer legt. Er wirkt wie eine zusätzliche Dämmung. Der Schnee hüllt die Welt in ein flauschiges Badetuch.  Alles wird leise und langsam. Wunderschön.

Erst seitdem ich in 1992 Metern Höhe auf dem verschneiten Gipfel stand, weiß ich was Stille und Schönheit ist. Dort fährt kein Lift hoch. 
Wir hatten Mühe in Skischuhen ganz nach oben, durch tiefen griffigen Schnee zu steigen. 
Die Skier und Stöcke stellten wir vor einer gefühlten Ewigkeit ab um unbehindert aufsteigen zu können.
Die Sonne schien auf den funkelnden unberührten Schnee. Ich sah auf hohe Schneedünen. 
In dieser Höhe stehen die letzten robusten, schneebedeckten Bäumchen. Bis zur Baumgrenze sind es nur ein paar Meter.  
Der Himmel war wolkenlos blau. Die Luft war so klar und kalt wie ich es nicht kannte.


Fast am Gipfelkreuz angekommen musste ich wieder stehen bleiben und mich langsam kreisrund drehen. Überwältigt von diesem Anblick. 
Ganz dort unten sausten Skifahrer klein wie Ameisen die schwarze Piste der Mulde hinunter. 
Licht und Schatten gestalten die Landschaft. Kaum zu glauben, wie traumhaft die Welt sein kann.

Mittwoch, 27. Januar 2016

Milo geht alleine!


Milo ist nun sechs Jahre alt. Er lebt mit seiner Mama in einer hübschen Dachwohnung. 
Dort hat er ein großes Kinderzimmer mit vielen Spielsachen. Einige dieser Spielsachen sind nicht mehr für Kinder in seinem Alter geeignet, sagt Mama, aber trennen möchte er sich noch nicht so gerne von ihnen. 
Da ist zum Beispiel dieser bunte Holzklotz an dem man kleine Holzfiguren einen dicken Draht mit Looping und Schraube entlang schiebt.
Das macht Milo schon lange nicht mehr. Er nutzt den bunten Holzklotz für etwas ganz bestimmtes. Das Gestell mit den Figuren und dem Draht kann man vom Klotz herunterheben und so tut sich ein prima Hohlraum auf. Darin lagern viele wichtige Dinge mit denen Milo die Welt entdeckt.
Das wichtigste Utensil ist der Lupenbecher. Ein Lupenbecher ist ein Durchsichtiges Gefäß mit abnehmbarem Deckel, an dem die Lupe befestigt ist. Milo hat schon oft Insekten darin gefangen und sie dann einige Zeit beobachtet, ehe er sie wieder freiließ. Insekten wie Käfer und Fliegen, aber auch Spinnen findet er sehr interessant. Wenn Milo mit seiner Mama spazieren geht, bleiben sie alle fünf Meter stehen, weil sie wieder irgendein Tier entdeckt haben.
Faszinierend, wie diese kleinen Tier ihre aufwendigen Netze bauen oder Ameisen sich die Wege über und zwischen Steinplatten bahnen um dann in vielen kleinen Löchern zu verschwinden. Dort unter der Erde leben sie. Die Arbeiterinnen versorgen die Ameisenkönigin mit ihre Larven. Milo würde niemals auf eine Ameise treten, wenn er es verhindern kann. Er hat schon oft gesehen wie andere Kinder das getan haben. Sehr gemein so etwas.
Mama sagt immer: „Du willst ja auch nicht, dass eine riesige Ameise auf dich tritt.

Milo ist groß für sein Alter. Fast 120 Zentimeter misst er jetzt und in diesem Sommer kommt er in die Schule. Endlich, denn der Kindergarten ist inzwischen langweilig geworden. 
O.K. Die Wald AG einmal pro Woche ist spitze. Da kann sich Milo mit all den Dingen beschäftigen die er liebt. Zauberstäbe aufsammeln und sogar ein wenig Schnitzen, unter Aufsicht der Erzieher. Tiere beobachten und mit Gummistiefeln durch Matschpfützen springen. An den Rändern der Waldwege findet er die tollsten Steine. Die steckt er in seine Jackentaschen bis sie ganz schwer herunterhängen. Mama guckt immer etwas schief und zieht eine Augenbraue hoch wenn sie die Taschen ausleert. Denn es kommen viele Steine zum Vorschein.  
Der Gedanke an die Schule erfüllt Milo mit Stolz. Er wollte schon im letzten Jahr unbedingt lesen und schreiben lernen. Dieses Jahr ist es nun endlich soweit. 
Bislang hat Mama ihn jeden Morgen zum Kindergarten gebracht. Das soll mit dem heutigen Morgen anders werden.
Milo hat beschlossen, er wird alleine gehen. Er ist so groß und kann inzwischen die Uhr lesen, dann kann er auch alleine zum Kindergarten laufen. Paul und Phillip aus seiner Gruppe machen es schließlich schon einige Wochen lang.
Der Kindergarten ist nur gute fünf Minuten Fußmarsch von Milos Haus entfernt.
Schaut man aus dem Wohnzimmerfenster, über den Garten und eine dahinter liegende Häuserreihe, kann man ihn fast sehen.
Es gibt eine Abkürzung. Wenn man in die Einfahrt des Nachbarn und durch dessen Garagenhof geht, kommt man bei der Einfahrt der gegenüberliegenden Häuserreihe wieder heraus. Von dort aus muss Milo nur eine Straße überqueren und schon ist er da. Diesen Weg gehen Mama und er auch manchmal, aber für gewöhnlich laufen sie den normalen Gehweg entlang, zweimal rechts, vorbei am großen Kirschbaum, über zwei kleine Straßen. Ganz einfach eben.
Die Kindergartentasche ist gepackt. Milo zieht seine Sandalen an und Mama bringt ihn nach unten zur Tür. Etwas aufgeregt ist er doch, trotzdem er beim Frühstück noch einmal alle Einzelheiten mit Mama besprochen hat.
Sie sagte: „ Milo, geh bitte zügig und bleib nicht überall stehen. An der Straße musst du dich gut umschauen, so wie wir es immer tun. Sabine erwartet dich um neun Uhr im Kindergarten.“ 
Mama warf ihm noch einen Luftkuss hinterher und dann ging die Haustür zu. Er geht schnurgerade den Weg durch den Vorgarten, ein paar Schritte rechts herum auf dem Gehweg und biegt gleich wieder in die Einfahrt des Nachbarn ein.
Der Himmel ist wolkenlos blau und die Sonnenstrahlen sind schon warm. In einem kleinen Grünstreifen auf dem Nachbarhof steckt ein Spaten in der Erde. Und ganz plötzlich landet  auf diesem eine schöne große Libelle. Milo geht langsam näher heran. Er möchte sie nicht erschrecken und genau betrachten. Toll! Der Tag fängt richtig gut an, findet er. Die Libelle sitzt in aller Seelenruhe oben auf dem Holzgriff und wärmt sich.  So ein schönes Tier.
Sie ist hellrot und besitzt sechs Beine, die so dünn aussehen als würden sie gleich unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. Milo erkennt die vier glänzenden durchsichtigen Flügel. Wenn er genau hinsieht, erkennt er genau die Netzartige Beschaffenheit.
Das laute Summen mit dem sie startet reißt Milo unsanft aus seinen Beobachtungen. Er hätte gerne noch etwas länger geschaut, aber nun hebt er sein Handgelenk um auf die Uhr zu sehen. Oje, schon drei Minuten vor neun, sagt er laut zu sich selbst. Jetzt aber schnell zum Kindergarten.
Atemlos kommt er an und plappert sofort darauf los. Er ist ganz alleine gekommen und ist ganz pünktlich, stellt er beim Blick auf seine Uhr fest.
Beim zweiten Frühstück erzählt Milo noch einmal allen wie schön die Libelle war, die auf dem Griff des Spatens saß. Die Kinder hörten gespannt zu.
Morgen wird er wieder alleine laufen und sicher etwas Tolles auf dem Weg sehen.

Dienstag, 26. Januar 2016

Bilder

Was für eine unbezahlbare Erfindung, diese Fotografie!

Elektrischer Strom ist spitze, denn ohne ihn könnte ich Fotos in der Nacht betrachten solange ich wollte, aber ich würde nicht das sehen, was ich beim Licht einer Lampe sehe. 

Fotos gehören zu meinem Leben wie die Musik. 
Wenn du weißt wie schnell Dinge verschwinden können und wie zeitig ein Leben erlischt, dann lernst du den unschätzbaren Wert einer Fotografie schätzen. Wenn die Erinnerungen zu verblassen drohen.

Ich sehe ein Bild an. Zum hundertsten Mal wandern meine Augen über das bedruckte Papier und heute sehe ich etwas, dass mich mit Wärme und zugleich mit tiefer Traurigkeit erfüllt. 
Ich sitze auf dem Sofa neben meiner Mutter. Bislang sah ich immer nur meinen dämlichen Gesichtsausdruck, den hässlichen Pullover und meine liebevoll, fröhlich lächelnde Mama. Heute sehe ich ihre Hand, wie sie mein Becken umgreift. Mama hält mich im Arm. 
Oh Gott! Wie sehr es mir fehlt! Kann kaum atmen. Die Sehnsucht schnürt mir den Hals zu.

Alles verändert sich. Fotos nicht. Sie sind Momentaufnahmen. Sie zeigen was wirklich war. Ich entdecke viele Orte und Situationen die es wert sind für immer festgehalten zu werden. Alte Liebe. Mein Baby. Licht, Schatten und Farben im Meer.
Bilder zeigen die Details der Welt.
Inzwischen gehen Milliarden Bilder pro Tag um die Welt. Diese Bilder zeigen Milliarden Menschen und Tiere und zersprengte Ruinen. Kaum auszuhalten, aber kaum eine Chance ihnen zu entkommen.

Ich schaffe mir manchmal Inseln mit meinen ganz einfachen Bildern, oder Ausschnitten davon. 


Montag, 25. Januar 2016

Vollmond-Gedanken


Na, diese Nacht war aber kurz. Erst habe ich es einfach nicht ins Bett geschafft, dann kann ich trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit nicht gleich einschlafen, da der Mann schnarcht und zu allem Übel jagen die Katzen mitten in der Nacht dem Spielzeug nach. 
Das Fernsehprogramm war aber auch nicht von schlechten Eltern. 
Die Gedanken kreisen um das gesehene und gesprochene. Frau TV, Jauch, Tatort, Menschen hautnah, der Alltag und der Vollmond. 
Manch einen stört der gute Mond reichlich wenig. Es wird nicht einmal wahrgenommen, dass er am  Nachthimmel prangt. Mir geht es in diesem Punkt  anders. Ich besitze keinen Mondkalender und lege es nicht darauf an, mich immer wieder aufs Neue von ihm beeinflussen zu lassen. Es passiert einfach. 
Der gute Mond schafft es Monat für Monat meine Gedanken noch weiter zu verstreuen als sie sowieso schon verstreut sind. Die Dinge gehen mehr in die Tiefe und graben meinen Gedanken-Garten völlig um. Müsste ich eine grobe Richtung bestimmen, in die sie sich vergraben, würde ich sagen, es sind die Menschen und die Tiere unserer Welt und all das was sie auf ihren Schultern tragen. Klingt vielleicht pathetisch, ist aber so. 
Scheint der Mond hell und voll am Nachthimmel, berühren mich Schicksale anderer ganz besonders. Jedes Mal werde ich sentimental, beschäftige mich damit was sich verändern muss, was ich verändern würde, wenn ich nur könnte…
Es gehört verdammt viel Mut zur Veränderung, auch zur Veränderung im Kleinen. Gesünder essen. Mehr Sport. Dem Kind noch mehr Raum geben. Wieder Vegetarier werden. Hat ja schon mal 12 Jahre funktioniert. Keine Zoobesuche, da die Tiere dort nicht hingehören, aber wo sollen sie denn hin? Die Vertriebenen, die Handaufzuchten in fünfter Generation in Gefangenschaft. Ein Großteil der Kinder würde niemals einen Tiger zu Gesicht bekommen, außer im Fernseher. Regenwälder verschwinden. Kriege. Vergewaltigungen. 
Sehr traurig und beängstigend. In was für einer Welt leben wir eigentlich?!
Die Gedanken werden umfangreicher und ganz bald kann ich sie nicht mehr bewältigen, in dieser Vollmondnacht. 
Ich muss mich bremsen, das Gedankenkarussell anhalten, sonst spüre ich wieder diese lähmende Hilflosigkeit. 


Mittwoch, 20. Januar 2016

Musik

Die Musik war schon immer meine Energiequelle. 


Sie hat mich durch die Zeit getragen, zum Lachen und zum Weinen gebracht. 
Sie lässt mich tanzen, wippen, staunen und löst alle mir bekannten Emotionen aus. 
Ich verbinde alle Höhen und Tiefen in meinem bisherigen Leben mit Musik. 
Jede Phase hat ihre eigenen Klänge. Als meine Mutter vor zwanzig Jahren starb, ich war gerade fünfzehn, trug ein Musik-Sturm mich durch diese Zeit. 
Ich ergriff jeden Strohhalm um diesen Gefühlen Herr zu werden. Es ist mir natürlich in keinster Weise gelungen auch nur irgendetwas Herr zu werden, aber meine Musik hat mich da durch getragen. 
Wütende, schnelle Musik. Sanfte, beschwichtigende Töne. Gesungene Musik. Alte Musik. Die Musik meiner Mutter. Aktuelle Musik und auch welche die mir heute fast etwas peinlich sein könnte, wenn ich ein altes Tape oder eine alte CD einlege. Aber es ist mir nichts peinlich, weil ich diese Töne so unendlich gebraucht habe in dieser schweren Zeit.
Ich war verliebt zur Musik und dieses Gefühl kommt mit vielen Gedanken zurück. Ich war todunglücklich zur Musik und bin es zum Teil wieder, wenn ich sie höre, da sie alles wieder ins hier und jetzt transportiert. Ich bin aufgedreht und glücklich beim tanzen mit einem Freund und dann kommt sie, die Traurigkeit, wegen genau diesem Song zu dem wir tanzten, da er kurz darauf Tod ist. 
Hunderte Bilder, Stimmungen und Ereignisse sind in meiner Musik. In meinem Tattoo steckt  Musik. In meinen Fotos ist sie. Freunde kommen und gingen, aber sie lassen etwas Musik bei mir zurück. 

Dienstag, 19. Januar 2016

Die Gedanken kreisen


Die Gedanken kreisen. Das tun sie ständig, ohne dass man gerade voller Sorgen ist. 
Nein, diese Gedanken meine ich nicht.Ich meine die, die einen vergessen lassen wie man eigentlich gerade darauf gekommen ist. 
Beim Zähne putzen zum Beispiel. Die meisten haben ganz klar ein System beim Zähne putzen…unten links Kaufläche, unten rechts Kaufläche, oben links Kaufläche, und so weiter. 
Wenn jedoch das System so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass die Gedanken kommen, dann ist es zu spät! Es kommt eins zum anderen und >Schwupps< weiß man nicht mehr Bescheid.  Ähm, wo war ich gerade und wie kam ich denn jetzt darauf? Das passiert nicht nur bei dieser Tätigkeit, nein, das passiert ständig und überall. Manchmal kann man seine Gedanken zurückverfolgen und muss schmunzeln. Was für ein Quatsch. „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten… „
Wenn sie nicht gerade im Hier und Jetzt sind, driften sie ins Vorhin, Gestern oder sie wandern in die Zukunft, Vergangenheit, oder sonst wohin. Oft kann man sie nicht wirklich gebrauchen, denn sie lassen uns  vergessen, was als nächstes geplant war. Das sind dann diese allseits bekannten Momente, in denen wir plötzlich da stehen und nicht mehr wissen auf dem Weg wohin wir gerade noch völlig zielstrebig gestapft sind. Hm, Moment mal. Was wollte ich hier?!
Dieses verstörende Phänomen widerfährt vermehrt Müttern, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Möglicherweise liegt das daran, dass wir am Tag angeblich nicht nur unzählige Wörter sprechen, sondern tatsächlich gleichzeitig unzählige Handgriffe tätigen. Im Haushalt, mit den Kindern, auf der Arbeit. Klar, Männer machen das auch, aber anders und ich behaupte weniger…  Will hier niemandem zu nahe treten, aber so sehe ich das.
Es gibt eine ganze Reihe von Tätigkeiten, die wir bewusst wählen, damit die Gedanken Auslauf bekommen. Ich möchte das so nennen. Viele verkriechen sich in die Küche und schnippeln Gemüse. Andere machen die Kanäle bei der Gartenarbeit auf, weil unsere Gedanken diesen Auflauf regelmäßig benötigen. Schwierig wird es dabei, wenn die lieben Kinder gerade in diesen Momenten mit Fragen, Infos oder “Banalitäten“ an uns herantreten. Verflixt, Gedanke weg! War gerade so voller Eifer in meinem Kopf unterwegs. Habe zum Beispiel eben darüber nachgedacht, was mir bei der Arbeit total auf den Senkel ging. Wollte noch schnell darüber nachdenken wie ich der Kollegin morgen den Marsch blasen werde. Pustekuchen! 
Ja, was hast du gesagt? Ich komme gleich und hole das Lego-Haus vom Schrank…
Ganz schön verstaubt, das Lego-Haus. Alles schon wieder ganz schön verstaubt...